Biomedizinisches Centrum München
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Entschlüsselung des komplexen Zelltanzes: Neue Erkenntnisse zur Repositionierung des Zellkerns

30.11.2023

Prof. Jörg Renkawitz, Janina Kroll und das Team konnten in einer neuen Studie zeigen, wie schnell wandernde Zellen ihre Zellkerne neu positionieren, um sich flexibel in der Mikroumgebung zu bewegen.

Die Fähigkeit von Zellen, ihren Weg zu finden und sich dabei vorwärts zu bewegen, ist entscheidend für angeborene und angepasste Immunreaktionen, die Entwicklung von Organismen, die Aufrechterhaltung von Gewebe und einzellige Organismen.
Professor Jörg Renkawitz und sein Team erforschen das Phänomen der Neupositionierung des Zellkerns als einen Schlüsselmechanismus, der es Zellen ermöglicht, die Richtung ihres Weges flexibel an die verschiedenen Wegweiser aus der Umwelt anzupassen.

Bewegliche Zellen sind gleichzeitig mit verschiedenen Orientierungshilfen konfrontiert, was die Frage aufwirft, wie sie auf mehrere und potenziell konkurrierende Signale auf ihrem Weg reagieren. In dieser Studie konnte das Team unter der Leitung der Doktorandin Janina Kroll zeigen, dass sehr schnell wandernde Zellen, so genannte amöboide Zellen, eine Neupositionierung ihres Zellkerns benötigen, um sich in Mikroumgebungen, die aus verschiedenen Orientierungshilfen bestehen, zurechtzufinden. Diese Neupositionierung des Zellkerns, auch Nukleokinese genannt, wirkt wie ein internes GPS für amöboide Zellen, was bedeutet, dass bewegliche amöboide Zellen die interne Lokalisierung ihres Zellkerns innerhalb ihres Zellkörpers genau erkennen. Diese genaue Erkennung ermöglicht es den beweglichen Zellen, die interne Bewegung des Zellkerns ständig mit der Bewegung des gesamten Zellkörpers abzustimmen. Das Forscherteam von Renkawitz stellte fest, dass die Nukleokinese für die Navigation amöboider Zellen erforderlich ist. Angesichts der Tatsache, dass viele Immunzellen, Amöben und einige Krebszellen eine amöboide Migrationsstrategie verwenden, legen diese Ergebnisse nahe, dass die Nukleokinese der zellulären Navigation während der einzelligen Biologie, der Immunität und der Krankheit zugrunde liegt.

Anhand von Modellen wie Immunzellen, darunter dendritische Zellen und T-Zellen, sowie der Amöbe Dictyostelium discoideum, zeigte das Forscherteam die komplizierte Art und Weise, in der sich Zellen an komplexe Mikroumgebungen anpassen und darin navigieren. Die Studie bietet einen faszinierenden Einblick in die zelluläre Welt und zeigt das dynamische Zusammenspiel zwischen Zellen und ihrer Umgebung.

Ein Highlight ist ein Film, der eine dendritische Zelle beim geschickten Manövrieren durch ein Säulenlabyrinth zeigt. In dem Film ist der Zellkern in Cyan hervorgehoben, während das Myosin-Motorprotein in einem Feuer-Farbschema anschaulich dargestellt ist. Diese Visualisierung bietet eine einzigartige Perspektive auf die zellulären Prozesse, die während der Navigation ablaufen, und zeigt die bemerkenswerte Flexibilität und Anpassungsfähigkeit dieser Zellen.

Die in der Fachzeitschrift EMBO veröffentlichten Ergebnisse eröffnen einen neuen Weg zur weiteren Erforschung der zugrundeliegenden Mechanismen der Zellmigration und -navigation, mit potenziellen Auswirkungen auf Bereiche wie die Immunologie und die Zellbiologie. Professor Renkawitz erklärt: "Die Fähigkeit, sich an konkurrierende mechanisch-chemische Orientierungshilfen anzupassen, indem man den Zellkern neu positioniert, ist ein faszinierender Aspekt des zellulären Verhaltens, der Auswirkungen auf verschiedene Forschungsbereiche hat."

Diese bedeutsame Forschung erweitert nicht nur unser Verständnis der Zellmigration, sondern verspricht auch die Entwicklung innovativer Ansätze in Bereichen wie der Immunologie, Entwicklungsbiologie und Tumorbiologie.

Veröffentlichung:

Adaptive pathfinding by nucleokinesis during amoeboid migration, Kroll et al, EMBO J 2023